Musizieren beflügelt

.

Konzentration und Aufmerksamkeit

.

Aufmerksamkeit und Konzentration
im (Klavier-) Unterricht

Die nachfolgenden Anmerkungen beziehen sich nur auf den Klavierunterricht und lassen die anderen vielfältigen Aspekte der Themen "Aufmerksamkeit"  und "Konzentration" außer Acht.
Sie korrespondieren mit den Anmerkungen zum "Lernen und Üben".

Zunächst eine spannende Frage und Vorstellung:
Was würde passieren, wenn man uns unseres Gedächtnisses beraubt würde?

In diesem Fall  könnte uns unser Gehirn nicht mehr dabei helfen,
- dass wir bewusst und in voller Absicht Informationen behalten,
- dass wir uns in der Zeit und in unseren Planungen an der Zeit orientieren,
.  - wir also über eine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verfügen,
- und nicht nur über einen ständig vergehenden Moment
. des kurzen Bewusstseins
- dass wir uns örtlich und zeitlich in der Welt zurechtfinden,
- dass wir uns Kenntnisse über die Welt, in der wir leben, erwerben
. und uns in Form innerer Karten dauerhaft aneignen
- dass wir über uns selbst etwas wissen,
- dass wir eine Persönlichkeit, eine Identität aufbauen
. und über uns selbst nachdenken
- dass wir etwas über andere wissen,
. - über deren Persönlichkeit und Verhalten sowie
... über unseren Umgang mit ihnen
- dass wir Erfahrungen, die unsere Vorfahren gemacht haben,
. diese durch eigenen Erfahrungen ergänzen,
. und sie an unsere Kinder und Nachfahren weitergeben
können.


Ohne die Fähigkeiten unseres Gehirns zum Behalten und Memorieren von individuell-historischem Wissen oder von Ereignissen, ohne Gedächtnis also wären wir letztlich nicht Menschen.

Erst das menschliche Gehirn und das menschliche Gedächtnis machen uns als Menschen aus.

Durch neumodische Strömungen wie  „Mindpower“, „Braingym“, Edukinesiologie, NLP oder Suggestopädie hat  eine sehr optimistische Machbarkeit des Erinnerns und Behaltens von Wissen in den letzten 20 Jahren Einzug in unsere Gesellschaft gehalten. Sehr viele Privatunternehmen leben davon höchst lukrativ.

Ob jung oder alt, wir alle sollen – auch durch gesellschaftlich suggeriertes „Me-too“-Denken und „Me-too“-Wollen - unser Gedächtnis unablässig mit neuem Wissen anreichern und erweitern können und "wollen".
Aber durch diese Wissensflut, die Tag für Tag, Stunde für Stunde auf uns einströmt und einstürzt, stoßen wir aber gleichzeitig - wie kaum je zuvor in der Menschengeschichte - täglich und deutlich auf die Grenzen unserer Merkfähigkeit und Aufmerksamkeitsfähigkeit bzw. Konzentrationsfähigkeit.

Durch diese neuen Anforderungen sehen wir uns einer Situation ausgesetzt, in der die Fülle von Informationen, und damit die Fülle des Wissbaren oder manchmal auch des Wissensnotwendigen, so dramatisch anschwillt, dass selbst das beste Gedächtnis doch hoffnungslos überfordert zu sein scheint.


Scheitern wir an diesen Anforderungen, sind die Folgen für uns innergesellschaftlich meist beschämend:
- In unserer Kultur wird vor allem dem Wissen und dem Gedächtnis
. eine zentrale Rolle eingeräumt.
- "Vergessen" werten unsere Gesellschaft und auch wir selbst
. gern als Schwäche, als Unzulänglichkeit.
- Die Vergesslichkeit führt nicht nur zu vorwurfsvoll und belehrend
. vorgetragenen Erinnerungen und Mahnungen
. (z.B. in der Schule oder am Arbeitsplatz).
- Die Vergesslichkeit anderer lässt uns auch, z. B. bei älteren Menschen
. wie auch bei erinnerungsarmen Schülerinnen und Schülern,
. schnell ungeduldig, überheblich, ungerecht und intolerant
. werden und reagieren.


Der Mythos von der unbegrenzten Aufnahmefähigkeit des Gedächtnisses
(z.B. durch „Mindpower“, Edukinesiologie oder NLP motiviert oder initiiert)
passt aber inzwischen nicht mehr so recht zu unserem heutigen Lebensstil, der sich ebenfalls in den letzten zwanzig Jahren grundlegend verändert hat.

Parallel zu diesem „Me-too“-Wollen und „Me-too“-Denken in puncto Wissen und Gedächtnis nimmt auch die Zerstreuung und der schnell springende Aufmerksamkeitswechsel - motiviert durch und zwischen hastig konsumierten Informationen - eine immer größere Bedeutung und Wirkung im alltäglichen Leben ein.

Nicht nur das menschliche Vergessen wird dadurch beschleunigt wird.
Auch eine mehr und mehr abnehmende Aufmerksamkeitsbereitschaft und Konzentrationsbereitschaft (als evolutionärer Selbstschutz) sowie eine tatsächlich nachlassende Gedächtnis- und Konzentrationsfähigkeit gehören zu den zunehmend feststellbaren Folgen in der Gegenwart.


Konzentration und Aufmerksamkeit  sind eng miteinander verwoben.

Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Aufmerksamkeit und Konzentration sowie der Grad dieser Fähigkeit und Bereitschaft zur Aufmerksamkeit und Konzentration bestimmen ganz entscheidend unseren Lern-Erfolg.
Diese erwähnten Komponenten sind deshalb in jedem Unterricht und in jeder Schulform  bei der Auswahl der zu verhandelnden Unterrichtsgegenstände und ihrer methodisch-didaktischen Aufbereitung zu berücksichtigen.

Zur Erbringung von Aufmerksamkeit gehört auch die „Anstrengungsbereitschaft“, auch „Motivation“ genannt, dazu.

Im Unterricht beeinflusst deshalb das Verhandeln und Auseinandersetzen mit oft nur mäßig interessierenden Sachverhalten schnell den Grad der Anstrengungsbereitschaft negativ.

Die „Konzentrationsfähigkeit“ spiegelt sich aber vor allem in der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses bzw. des Kurzzeitgedächtnis wider. Es erreicht bei einem Menschen erst mit 25 Jahren die größte Leistungsfähigkeit. Beim fünfjährigen Kind ist die Fähigkeit des Zwischenspeicherns im Arbeitsgedächtnis noch sehr schwach ausgebildet. Und selbst ein 12- oder 14-Jähriger kann sich noch nicht so lange und intensiv konzentrieren wie ein 18-Jähriger.

Entgegen aller landläufigen Annahmen kann man heute davon ausgehen, dass die Konzentrationsdauer im „normalen Durchschnitt“
im Alter von

- von   5 bis   7 Jahren etwa 15 Minuten,
- von   7 bis 10 Jahren etwa  20 Minuten,
- von 10 bis 12 Jahren etwa  20 bis 25 Minuten und
- von 12 bis 14 Jahren etwa 30 Minuten
- von 18 bis 25 Jahren maximal 45 bis 60 Minuten
beträgt.
Und nach dem vollendeten 25. Lebensjahr nimmt die durchschnittliche Konzentrationszeit dann altersbedingt langsam wieder ab.

Daraus folgt z.B.:
Eine 30-Min-Unterrichtseinheit reicht im Klavierunterricht im Grundschulalter i.d.R. vollkommen aus, und im Alter von 5 bis  7 Jahren könnten schon 15-Min-Einheiten oder 20-Min-Einheiten ausreichen.

Auf das tägliche Üben projeziert:
Leistungsstarke und leistungsbewusste Menschen sollten z.B.  lieber 2x täglich 30 Min üben als 1x täglich 60 Min üben.

An den angegebenen durchschnittlichen Zahlen erkennt man deutlich,
dass etwa in der logistischen Stundenplan-Gestaltung die Dauer der „normalen“ 45-Min-Unterrichtsstunde in den Schulen und Musikschulen Deutschlands auf diese grundlegenden psychologischen Sachverhalte in der Vergangenheit  wenig Berücksichtigung fand.
In der Vergangenheit überließ und überlässt man es auch heute den Lehrkräften, durch eine sinnvolle Unterrichtsplanung eine Problemlösung für diese überlangen Konzentrationsanforderungen zu finden - statt den Stundenplan vollkommen neu zu organisieren.

In vielen Musikschulen sowie im privaten Instrumentalunterricht gilt die 45-Min-Einheit auch heute leider immer noch als Regelunterricht.  - So kann auch ein niedrigpreisiger Unterricht schnell nicht mehr preiswert sein.

Andererseits legen viele moderne Hochschulen ihre Klausuren und Prüfungen mittlerweile in die vorlesungsfreie Zeit, um den Studierenden hinsichtlich der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsanforderungen entgegenzukommen – doch was ist in den allgemein bildenden deutschen Schulen mit den Klassenarbeiten?

Es soll  an dieser Stelle aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass die zeitlichen Konzentrationsspannen je nach Entwicklung, Interessen, Persönlichkeit, Lebensprägung und Lebenserfahrung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen altersspezifisch individuell schwanken können, so dass die pauschalen Angaben in jedem Einzelfall der individuellen Überprüfung bedürfen.


Konzentrationsfähigkeit kann durch planvolles,
regelmäßiges Handeln
erlernt und gesteigert werden


Z. B. steigern regelmäßig ausgeführte, konzentrationsfördernde Gesellschaftsspiele oder Bastelarbeiten die Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit, wenn es parallel dabei keinen mitlaufenden Fernseher und/oder keine Berieselungsmusik dieses Unterfangen begleitet und scheitern lässt. Zusätzlich wird das Selbstwertgefühl, die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit sowie die Aufgeschlossenheit gefördert und weiterentwickelt.

Ein ganz besonders wichtiger Baustein der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsförderung wie der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsentwicklung ist das Erlernen eines Musikinstrumentes, insbesondere des Klavierspiels, sowie das Musizieren allein oder in Gemeinschaft:
Hier werden fast alle Sinne gefördert und gefordert.


Ein Personenzentrierter (Klavier-)Unterricht wird diese Fakten stets im Fokus haben und entsprechend der individuellen Disposition und Situation des Lernenden die Unterrichtsgegenstände auswählen, welche die Aufmerksamkeitsbereitschaft und Konzentrationsbereitschaft motivierend fördern und weiterentwickeln können.

Mein Unterrichtsangebot:
- Individueller, personenzentrierter Klavierunterricht
  auf Wunsch ergänzbar um die Bereiche
  - Musiktheorie/Musiklehre
  - Liedbegleitung
  - Klavier-Improvisation

Meine Reihen "Beflügelt", "RICO-Klavierschule" und "Einfach klavierspielen" fördern und entwickeln
die Aufmerksamkeitsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit
in besonderer vielfältiger Weise und werden
von mir und von vielen meiner Kolleginnen und Kollegen
in Deutschland, Österreich, in Südtirol und in der Schweiz
gern und erfolgreich schon seit vielen Jahren im Unterricht eingesetzt.



GKaluza [at] piano77.de


©  2017 Copyright by Günter Kaluza
Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.